Montag, 15. November 2010

Nagel - "Was kostet die Welt"


"Was kostet die Welt" ist, nach "Wo die wilden Maden graben", der zweite Roman von Ex-Muff-Potter-Sänger Nagel. Nachdem es in "Wo die wilden Maden graben" in erster Linie um ein Tourtagebuch eingebettet in Geschichten aus dem Leben in der Rückschau ging, findet sich die Hauptperson aus "Was kostet die Welt" in der Lage, geerbt zu haben und nun das Geld möglichst spaßbringend/erfahrungenbringend auszugeben, anstatt es, wie die Vernunft es gebieten würde, anzulegen oder für zukünftige Mieten/Anschaffungen/irgendwas zu sparen. Hier findet sich bereits ein zentrales Thema des Buches: Vernunft vs. das, was man selbst Leben nennen möchte.

Nachdem Meise, so der Name des Protagonisten, nun von der Erbschaft durch die Welt gereist ist und sich danach in seinem alltäglichen Leben nicht auf Anhieb wieder zurechtfinden mag, bleibt es, das übriggebliebene Geld in eine weitere Reise zu investieren. Meise entscheidet sich, jemanden zu besuchen, den er während seiner Reise in New York kennengelernt hat: Im Moseltal. Hier trifft die Welt von Meise (Großstadt, Kneipenjob, keine - feste - Beziehung, Anonymität in der Gesellschaft, keine - ausgeprägten - Familienbande, die Möglichkeit ein Leben unabhängig von anderen und von festen Bindungen so zu leben, wie es der persönliche Entwurf - ob vorhanden oder nicht - vorsieht) auf die Welt im Moseltal (Dorfleben, Familienbetriebe, Verlobungen mit dem ersten Partner in jungen Jahren, jeder kennt jeden, "Dinge gehören sich" - oder eben nicht). Vollkommen unterschiedliche Entwürfe von Leben, Glück und Familie treffen aufeinander und bieten eine Projektionsfläche für Fragen - seltener: Antworten -, welche sich zwangsläufig stellen, wenn es dazu kommt, den eigenen Entwurf mit denen der anderen zu vergleichen. Der Ausgang scheint - ob positiv oder negativ, ob "un-/glücklich leben" oder "un-/glücklich scheitern" jedoch in keinerlei äußerem Umstand verankert.

Ein Buch, welches zum Nachdenken und Mitfühlen anregen kann, oder sich, wenn man keinen Bock auf selbst-involviert-sein hat, einfach nur als unterhaltsame, amüsante und extrem gut geschriebene Geschichte weglesen lässt.

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